Johanniskraut – Sinnbild der Sonne

Die leuchtenden gelben Blüten sind wie ein Sinnbild für die Sonne, genauso gleißend wirken sie im Licht und weit in die Dämmerung hinein. Die Pflanze ist zu Sommerbeginn in ihrer Vollblüte und strotzt vor Kraft. Dass man sie genau um Sonnwend und Johannis herum sammeln soll, geht sicher zu einem Teil auf Paracelsus zurück, der das Johanniskraut dieser Tage sehr lobte. Er wollte es überall sehen: unterm Kissen, nahe der Brust, an der Haustüre, an den Ackerrändern. Außerdem, so meinte er, solle man oft davon kosten.

Johanniskraut-Tee und Johanniskraut-Kapseln (die es ja auch schon gibt und gepulverte Blätter und Blüten des Johanniskrauts enthalten) zählen nicht gerade zu den Liebkindern der Ärzte. Es gibt zu viele Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, mit Blutverdünnungsmitteln zum Beispiel oder mit einigen Antibiotika und Antidepressiva, außerdem mit Herzglycosiden und Hormonpräparaten wie der Antibabypille. Was heißt das? Johanniskraut ist kein Wald- und Wiesenschätzlein, sondern eine große Heilpflanze mit starker Wirkung.

 

Seelenschmeichler

Der Tee aus Kraut und Blüten hat einen angenehmen Geschmack nach grünem, geschnittenem Gras – kommt daher der früher gebräuchliche Name „Hartheu“? Und es ist ganz und gar nicht egal, ob man frisches oder getrocknetes Kraut für eine Teezubereitung nimmt. Frische Pflanzen übergießt man mit kochendem Wasser und lässt höchstens 2 bis 4 Minuten ziehen, bei getrockneten Pflanzenteilen sollte man mindestens 10 Minuten ziehen lassen. Pro Tasse nimmt man das, was zwischen 3 Finger passt, also ungefähr 2 Teelöffel voll. So ein Tässchen kann die Stimmung entscheidend verbessern. Es beruhigt den Magen und hilft bei Krämpfen während der Menstruation. Man sieht schon, Johanniskraut ist nichts für den täglichen Dauergebrauch. Immer wieder mal ein Tässchen – JA. Viele Wochen oder Monate hindurch und ununterbrochen – NEIN. Jetzt, im Sommer, wo es viel Wärme und Sonne gibt, ist bei Johanniskraut-Genuss darauf zu achten, den Körper vor zu viel Licht zu schützen. Johanniskraut macht sonnenempfindlich, es ist halt ein Kind der Sonne und fängt all ihre Strahlen begierig auf …

Aber in den Wintertagen, wenn es draußen so richtig trüb und unangenehm wird, wenn sich der ganze graue Dunst auf die Seele schlägt, dann hat Johanniskraut seine große Stunde. Denn dann hilft es mit, sonnige Botenstoffe wie Serotonin zu bilden, und man muss nicht so viel Schokolade essen, um die Serotoninproduktion im Gehirn anzukurbeln – was zweifach glücklich macht. Sonne für die Seele!

 

Licht ins Herz bringen.

Johanniskraut wächst in praktisch jedem Garten – wenn es willkommen ist. Wer keinen eigenen Garten hat, findet es in Gärtnereien und pflanzt es in eine Schale auf dem Balkon. Das arzneilich verwendete Hypericum perforatum hat einen zweikantigen Stängel, daran erkennt man es hundertprozentig. Wenn man die Blüten – und hier vor allem die Knospen – zwischen den Fingern zerquetscht, färbt sich die Haut rot. Der rote Farbstoff (Hypericin) ist bei den anderen Arten ebenfalls zu finden. Auch die Öldrüsen auf den Blättern, die wie kleine Pünktchen aussehen, findet man bei den meisten der weiteren Arten, die es bei uns gibt. Der zweikantige Stängel ist also ein untrügliches Erkennungszeichen. Um Johanniskraut trocknen zu lassen, nimmt man die oberen 10 bis 15 cm der Pflanze und bindet ein lockeres Sträußchen damit. Das Sträußchen wird kopfüber in einem staubfreien, luftigen Raum aufgehängt. Erst wenn alles schön raschelt, wird in dunkle Gläser abgefüllt und gelagert. Dann hat man den Vorrat für melancholische Herbst- und Wintertage. Nicht auf Vorrat trocknen – es kommt wieder ein neues Jahr und das Johanniskraut soll sich ja aussäen und nicht ausgerottet werden!